Glückliches Ende einer Odyssee

 

Ich stamme aus Rußland und betreibe seit fast 20 Jahren ein Im- und Exportgeschäft in Hamburg, das sich überwiegend dem Handel mit Rußland widmet. Mein Freund betreibt am Ural eine Greifvogelzuchtstation, in der er unter anderem auch die dort heimischen Albidus-Habichte züchtet. Mein Sohn, der seit fünf Jahren in Schottland und England studiert, hat dort einen guten Freund, Thomas Havemann-Mart, kennengelernt, dessen Vater, Nicholas Havemann-Mart, seit langem Falkner in Großbritannien ist. Durch diese Freundschaft ist mein Sohn zur Falknerei gekommen. Nach einer Jagdreise in Rußland hat mein Sohn Thomas die Zuchtstation meines Freundes gezeigt. Daraufhin wollten Thomas und mein Sohn zwei weiße Habichte aus dieser Zucht für Vater Nick erwerben. Ich habe mich bereit erklärt, die Einfuhr abzuwickeln. Aufgrund meiner russischen und deutschen Sprachkenntnisse und meiner umfangreichen Erfahrungen mit den gesetzlichen Grundlagen und Behörden in Deutschland habe ich es für richtig gehalten, den Import von Rußland nach Großbritannien über Deutschland durchzuführen.

 

 

Erst im Oktober 2012, als vier Jungvögel des weißen Habichtspaars in der Zuchtstation erfolgreich aufgezogen worden waren und ich zwei von denen übernehmen durfte, habe ich mich aktiv um den Transport und die Einfuhr gekümmert. Zuerst habe ich mich bei der Zollstelle am Flughafen Hamburg telefonisch über die notwendigen Dokumente für die Einfuhr von Greifvögeln aus Rußland nach Deutschland erkundigt. Der Zollbeamte (leider habe ich mir den Namen nicht notiert) konnte mir keine Auskunft geben und riet mir nur, mich bei der Tierärztin am Flughafen über die Einfuhr zu informieren. Ich habe gleich die Ärztin angerufen und meine Fragen gestellt, die sie mir schnell und freundlich beantwortet hat. Einige Tage später empfahl sie mir zusätzlich Internetseiten mit ausführlichen Informationen und notwendigen Formularen für die Einfuhr:

 

Rechtsgrundlagen zum Herunterladen © Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

 

Das war eine umfangreiche und sehr gute Information, leider war sie aber nicht vollständig, wie  mir erst später klar wurde: nirgends wurde das Wort Einfuhr-CITES erwähnt.

Ich habe alle Dokumente ausgedruckt und nach Rußland zum Züchter weitergesandt, damit er überprüfen konnte, ob das alles auch mit dem vorgeschriebenen russischen Ausfuhrablauf übereinstimme und er mir die benötigten Dokumente zur Verfügung stellen könne. Die deutschen Bestimmungen waren den russischen sehr ähnlich in der Strenge der Handhabung. Im April 2013 habe ich mich per Email wieder bei der Tierärztin gemeldet, um mich zu vergewissern, daß sich in den Vorschriften nichts geändert hatte – alles schien glatt zu laufen.

Die gesamte Dokumentenausstellung und die anschließende Quarantäne in Rußland dauerten dann insgesamt drei Monate. Im August 2013 war es endlich soweit, daß ich die Vögel abholen konnte. Nach allen Schwierigkeiten beim russischen Zoll – sehr strenge Kontrolle aller Dokumente –, am Flughafen und mit den Fluggesellschaften, welche nicht den Transport von Greifvögeln übernehmen wollten, bin ich endlich in Hamburg gelandet. Ich war so froh und glücklich, daß ich nun in Deutschland angekommen war. Da wußte ich noch nicht, daß die größten Probleme noch bevorstehen. Im Nachhinein war der russische Zoll im Vergleich unbürokratisch und angenehm – regelrecht ein „Spaziergang“.

 

Am Sonntag, dem 8.09.2013, etwa um 12:00 Uhr kam ich an und bevor die Vögel aus dem Flugzeug entladen wurden, bin ich zum Zollamt am Flughafen Hamburg gegangen, um meine Dokumente hinsichtlich der Einfuhr der Vögel vorzulegen. Dort gab ich unaufgefordert alle meine Dokumente zur Überprüfung ab und ging zurück zur Gepäckausgabe. Da wurden auch schon die Habichte von Flughafen-Mitarbeitern hingebracht. Ich übernahm die Vögel und ging wieder zum Zoll. Die Darstellung in der Pressemitteilung des Hauptzollamts Itzehoe, zwei Männer aus Rußland hätten die Vögel angemeldet, ist völlig aus der Luft gegriffen und schlichtweg nicht wahr, wie ja eigentlich fast alle Angaben in dieser Pressemitteilung.

 

Der Zollbeamte hat die Veterinärin bestellt und hat angefangen, sich im PC zu informieren, wie die Einfuhr ablaufen müsse, und stellte fest, daß „nur“ die CITES-Einfuhrgenehmigung des Bundesamtes für Naturschutz und der Falknerjagdschein (obwohl die Vögel für England bestimmt waren) fehlten. Mir wurde nicht klar, was für einen CITES-Einfuhrantrag ich hätte stellen müssen. Ich habe versucht zu erklären, daß ich mich informiert habe, daß das keiner erwähnt habe und daß ich außerdem doch schon ein CITES-Dokument aus Rußland hätte, wo alles drin stehe: Tierart, Anzahl, welche Generation usw.

Die Veterinärin kam nach eineinhalb Stunden (aufgrund eines Verkehrsstaus auf der Autobahn) und bescheinigte, daß von ihrer Seite nichts weiter zu verlangen wäre. Die Tiere und Dokumente seien in einwandfreiem Zustand: F2 und keine Krankheiten.

 

Nach vier Stunden Aufenthalt im Zollbüro und trotz aller meiner Erklärungen, daß die Vögel weiter nach England transportiert werden sollten, wurde noch lange nicht über die vorliegenden Dokumente und wie es weitergehen sollte entschieden. Aber es wurde inzwischen mit verschiedenen Tierparks telefoniert und mir angekündigt, daß die Vögel in einem der angerufenen Tierparks untergebracht werden müßten, bis die endgültige Entscheidung gefällt werden könne. Ich wurde mit einem Verfahren bedroht, ich habe gegen ein Gesetz verstoßen und sei mir nicht der Ernsthaftigkeit des Verstoßes bewußt.

Gegen 16:00 Uhr wurden wir – inzwischen war auch mein Sohn dazugekommen – endlich zum Wildpark Eekholt eskortiert, ohne uns das Ziel unserer Fahrt oder gar die Adresse zu nennen, was uns ein Gefühl von krimineller Schuld gab. Nach etwa zwei Stunden – die Beamtin hatte sich verfahren – haben wir die Vögel an die Mitarbeiter des Wildparks übergeben und die Habichte wurden in schönen Volieren untergebracht. 

 

Am Montag, dem 09.09.2013, habe ich mit dem Bundesamt für Naturschutz (BfN) telefoniert und dann per Email den nachträglichen Antrag für die Einfuhr von zwei gezüchteten Exemplaren Accipiter gentilis albidus aus Rußland gestellt. Am 14.09.2013 bekam ich den Beschlagnahmebescheid vom Zollamt.

Dann hat es noch drei Monate gedauert, bis ich endlich die Vögel zurückbekommen habe. An den Bemühungen um die Freigabe der Habichte haben neben dem notgedrungen von mir bestellten Rechtsanwalt mehrere Personen u.a. auch vom DFO teilgenommen.

Zwischenzeitlich wurden unglaubliche Nachrichten über die Beschlagnahme von Albino-Habichten in den Zeitungen und im Fernsehen verbreitet u. a. mit der völlig unwahren Behauptung, Briten hätten die Vögel aus der Verwahrung stehlen wollen. Dies wurde veröffentlicht, weil mein Sohn mit Thomas die Vögel in Eekholt besucht hatte. Dieser Besuch wurde von mir beim Zoll und in Eekholt angemeldet. Desweiteren gehörten die Vögel rechtlich gesehen uns, obgleich wir sie nicht halten durften.

 

 

Ich habe mich gegenüber dem BfN völlig kooperativ verhalten. Ich habe ausführlich einen umfangreichen Fragenkatalog des BfN beantwortet. Z.B. habe ich detailliert Fragen nach dem Namen der Zuchtstation, dem Zuchtstock, der Unterbringung, den Haltungsbedingungen und der Zuchtmethode ja sogar nach den regionalen Klimaverhältnissen am Ort der Zuchtstation beantwortet. Ich glaubte, durch die totale Transparenz würde alles schneller gehen und deutlich werden, daß ich alles in bester Absicht versucht habe, um einen angenehmen Transport für die Vögel zu ermöglichen. 

Nachdem die Zollbehörden endlich die notwendigen Genehmigungen vom BfN einschließlich eines neuen CITES-Papiers mit der Auflage der Verbringung nach Großbritannien und dem Verbot der kommerziellen Nutzung für zwei Jahre erhalten hatten, wurde dann am 20.11.2013 die Beschlagnahme aufgehoben.

 

Als ich dachte, nun sei alles vorbei, hat der Zoll sich wieder quergestellt und wollte bei der Abholung eine Sicherheitshinterlegung in Höhe von 25.000,- Euro haben. Diese Höhe wurde mit dem angeblichen Marktwert der Vögel begründet. Letztendlich haben wir uns dann auf 5000,- Euro geeinigt, die ich tatsächlich hinterlegen mußte und erst nach Nachweis der Verbringung nach Großbritannien zurückerstattet bekommen habe. Noch am gleichen Tag haben sich mein Sohn und Thomas auf den Weg nach Großbritannien gemacht.

Bei den deutschen Behörden wurde nur Papier bewegt, es ist niemals an den Vögeln eine Ringablesung vorgenommen oder gar eine Blutprobe entnommen oder andere körperliche Untersuchungen angestellt worden – es war ein Übermaß an Bürokratie. Alle meine Erlebnisse mit dem deutschen Zoll in dieser Angelegenheit waren derartig frustrierend und enttäuschend, die teilweise große Inkompetenz und mangelnde Hilfsbereitschaft derartig ernüchternd, wie ich es vorher in Deutschland für völlig ausgeschlossen gehalten hätte.

 

Letztendlich habe ich neben all dem Ärger und den anderen Mehrkosten – wie zum Beispiel die mehrfachen Reisen meines Sohns von England nach Deutschland und zurück – für den Rechtsanwalt, ohne den ich mein Ziel niemals erreicht hätte, 3000,- Euro und für die Unterbringung im Wildpark Eekholt 1300,- Euro an privaten Kosten gehabt, die mir niemand ersetzt.

 

Irina Maier

 

[Anmerkung d. Redaktion: Die eingefügten Bilder zeigen nicht die konkret angesprochenen Vögel, sind aber von derselben Art und Subspezies. Bildautor: W. Bednarek, Bild unten: J. Kuth]

 

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