Ein anhänglicher Merlin

Ein anhänglicher Merlin (Tinnunculus Heft 18, 2/2003)

von Heinz Grünhagen, DFO NRW

 

Der Merlin (Falco columbarius) ist als der wohl am leichtesten zähmbare und liebenswürdigste aller Greifvögel bekannt (siehe z.B. VALLES 155611993, FREEMAN & SALVIN 185911972, BOYER & PLANIOL I948, BRÜLL I962, BEEBE & WEBSTER 1989, CEBALLOS ARANDA 2002),dessen Zutraulichkeit und Anhänglichkeit ein Erlebnis illustrieren mag, das mir selbst nach Jahrennoch lebhaft in Erinnerung ist, wobei mir indessen manche Details entfallen sind. 

Danach beschränkte ich mich darauf, ihn in freier Folge zu fliegen, d.h. mich von ihm auf Spaziergängen durch die Feldflur, gewöhnlich auf dem Höhenrücken zwischen den Dörfern Pfaffenlöh und Grünscheid 2km nordnordwestlich meines 8km östlich Leverkusen-Opladen gelegenen Heimatstädtchens Burscheid, begleiten zu lassen, wobei ihm Telegraphenmasten und einzeln stehende Bäume als Warten dienten. Wenn er mir zu weit zurückzubleiben schien, lockte ich ihn mit dem Federspiel, auf dem ich ihn dann ein paar Happen von dem darauf festgebundenen gerupften Haussperling (Passer domesticus) kröpfen ließ. In solchen Fällen zeigte ich ihm manchmal, um nicht vorzeitig seinen Appetit zu vermindern, das Feder- spiel nur kurz und steckte es wieder in die Tasche, sobald er zu einem Flug gestartet war, der ihn aufs neue in meine Nähe brachte. 

Im Oktober 1962 erwarb ich von belgischen Vogelfängern, deren Bekanntschaft Dr. Otfried Stehle, ein befreundeter Falkner aus Leverkusen-Opladen, einer Kleinstadt l5 km nördlich Köln, vermittelt hatte, zwei erst kurz zuvor gefangene immature Merline, einen Terzel für mich selbst und ein Weibchen für Dr. Stehle. Den Terzel, der die Tage, soweit es das Wetter zuließ, auf einem kleinen Block im Garten des elterlichen Hauses und die Nächte auf einer Reck in meinem Zimmer verbrachte, flog ich nach 3 Wochen zum ersten Male frei. Meine Absicht, mit ihm Kleinvögel zu beizen, gab ich jedoch schnell auf nachdem ihn sein erster Jagdflug hinter einem feldernden Finkenschwarm her in wenigen Minuten so weit von mir entfernt hatte, dass ich ihn schon verloren glaubte und heilfroh war, als er auf das Schwenken des Federspiels hin die Jagd abbrach und zu mir zurückkehrte. 

Am Nachmittag des 23. Dezember 1962, dem meiner Erinnerung nach ersten richtig kalten Tag des dann folgenden sehr kalten Winters, ergab sich wieder einmal eine solche Situation. Der Merlin hatte etwa 500m nordöstlich des 2km nordwestlich Burscheid liegenden Dorfes Dohm im Wipfel einer in einem Seitentälchen des Vierschelsbachtales stehenden Eiche aufgehakt und machte keinerlei Anstalten, mir, der sich zwischen ihm und Dohm befand, zu folgen. Auf das Zeigen des Federspiels hin startete er zwar nach kurzem Zögern suchte dann aber, nachdem ich das Federspiel wie- der hatte verschwinden lassen, keine Warte in meiner Nähe auf. Vielmehr flog er dicht über dem Boden an mir vorbei, ohne mich eines Blickes zu würdigen, und verschwand hinter dem nahen Hügelkamm in Richtung auf Dohm. Ich zog in größter Hast das Federspiel und rannte, es schwenkend, so schnell ich konnte, hinter ihm her. Als ich den Hügelkamm erreichte, musste ich jedoch feststellen, dass vonmeinem Merlin nichts mehr zu sehen war und ihn auch mein verzweifeltes Schwenken des Federspiels nicht zurückbrachte. 

 

Ungefähr 3 Wochen später hörte ich, dass ein kleiner Falke von einer Familie, deren Namen ich vergessen habe, in dem Dorfe Neuenhaus 2km westlich Burscheid, das lediglich 1,5km von Dohm entfernt liegt, seit einigen Wochen gepflegt werde. Ich nahm natürlich unverzüglich Kontakt zu der Familie auf und begab mich am 10. 01. 1963 zu ihr in der dann auch nicht enttäuschten Erwartung, dass es sich bei dem Fälkchen um meinen Merlin handeln würde und ich ihn auslösen könne. Nach meinem Eintreffen wurde ich von der 15jährigen Tochter sogleich ins Wohnzimmer geführt, wo der Vogel frei auf einem Schrank saß. Die unglaublich tierfreundliche Familie hatte das gesamte Zimmer des Schmelzes halber mit Zeitungen ausgelegt, so dass sie es selbst kaum nutzen konnte. Zum Übernachten pflegte der Merlin, wie mir die Tochter erzählte, am liebsten den Kronleuchter aufzusuchen; geatzt worden war er mit Gehacktem. Wie aber war der Vogel in die 0bhut dieser Familie gelangt? Dazu berichtete mir die Tochter, die sich offenbar am meisten mit ihm beschäftigt hatte, dass sie am späteren Nachmittag des 23. Dezember, als es schon zu dämmern begann, wie üblich hinausgegangen sei, um die Hühner in den Stall zu lassen. Als sie deren Auslauf betreten habe, sei plötzlich der kleine Falke unter lautem Geklingel seiner Glöckchen aus einem nahen Birnbaum heruntergekommen und habe sich unmittelbar vor ihr auf einen Pfahl der Umzäunung des Auslaufes gesetzt. Sie sei nach kurzem Zögern zu ihm gegangen, habe ihn mit beiden Händen gepackt und ins Wohnzimmer gebracht. Dort habe er, wie ich ja sähe, seitdem gelebt. 

Merlin auf der Faust

Wenn wir uns nun der reizvollen Aufgabe zu- wenden wollen, das Verhalten des Merlins zu verstehen, so ist zunächst festzuhalten, dass das Dorf Neuenhaus recht genau in der Richtung liegt, die der Vogel eingeschlagen hatte, als er mir enttäuscht und verärgert davonflog. Offenbar hat er seine ursprüngliche Flugrichtung über Dohm hinaus noch eine Weile beibehalten und das zwischen den beiden Dörfern liegende Mu(h)rbachtal überquert, um dann bei Neuenhaus erst einmal Halt zu machen. Binnen kurzem wird ihm jedoch klar geworden sein, dass seine Aussichten, an dem rasch zu Ende gehenden Wintertag noch Beute zu machen, ausgesprochen gering waren und ihm eine bitterkalte Nacht mit leerem Magen bevorstand, die zu überleben er keineswegs sicher sein konnte. So dürfte er alsbald sein Verhalten bereut haben und richtig glücklich gewesen sein, als trotz des wenig einladenden Wetters ganz überraschend eins dieser Mensch genannten Wesen, mit denen er inzwischen die Aussicht auf Nahrung verband, auftauchte. Unter diesem Aspekt hat er es dann sogar in Kauf genommen, von dem in diesem Falle allerdings auch sehr reizenden Wesen wie eine Beute in die »Fänge« genommen zu werden. 

Obwohl man zur Erklärung seines Verhaltens also mit prosaischen Gründen völlig auskommt, kann ich nicht verhehlen, dass mich das darin zum Ausdruck kommende Vertrauen dieses Merlin-Wildfanges zu Menschen in ganz besonderer Weise berührt hat. 

 

Heinz Grünhagen, LV Nordrhein-Westfalen

 

 

 

 

 

Literatur:

BEEBE, F. L., & H. M.WEBSTER (1989): North American Falconry and Hunting Hawks,6. Printing, Denver/Colorado: North American Falconry and Hunting Hawks


BOYER,A., & M. PLANIOL (1948):
Traite de fauconnerie et autourserie, Paris: Payot. 

BRÜLL, H. (1962): Die Beizjagd, Hamburg, Berlin: Verlag Paul Parey.


CEBALLOS ARANDA, I. (2002): Soltando pihuelas. Conocimiento y practica de la cetreria. Madrid: Cairel Ediciones.


FREEMAN, G. E., & F. H. SALVTN (18s91t972): Falconry. Its Claims, History, and Practice, London: Longman, Green, Longman, and Roberts / Chicheley: Paul P. B. Minet.


VALLES, J. (1556/1993): Libro de acetreria. Colecciön Alcotän. Madrid: Cairel Ediciones. 

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Queenie träumt

von Hubert Breig [Tinnunculus 13/2001]

 

Nach 37 Jahren praktischer Beizjagd hatte ich eigentlich alles erlebt, was ein Falknerherz höher schlagen lässt. Nur einen Traum hatte ich noch: Schottland.

 

Christian Saar wollte ihn mir erfüllen. Er lud mich 1993 ein, mit ihm und Steven Frank zusammen ganz im Norden Schottlands bei Strathy auf Moorhühner zu jagen. Ich flog zu dieser Zeit einen guten Anwarterterzel, den Bruder von Christians „Pip“.

 

Christian fuhr 14 Tage vor mir los, holte meinen Terzel bei Roger Upton ab, wo er zur Quarantäne stand, jagte ihn ein und beizte mit ihm die ersten Grouse. Es schien alles vorbereitet, um mir meinen Traum zu erfüllen.

 

Doch der Traum wurde zum Alptraum: Zwar begann alles optimal, denn schon am ersten Jagdtag beizte ich mit „Max“ mein erstes Grouse. Aber bereits am dritten Tag verlor ich ihn. Er kam auf tragische Weise in Schottland ums Leben. Ich war fix und fertig. Am liebsten wäre ich gleich wieder heimgefahren, doch Christian und Steven kümmerten sich rührend um mich. Sie versuchten alles, um mich wieder etwas aufzuheitern. Steven bot mir sogar an einen seiner Falken zu fliegen! So blieb ich in Schottland, erlebte herrliche Jagdtage, aber glücklich war ich nicht.

 

Selten kommt ein Unglück allein. Auf der Rückfahrt hatte ich eine Autopanne, 5 Tage Zwangsurlaub in Inverness bei -2Grad. Das war frustrierend. Um die Zeit totzuschlagen, besuchte ich mindestens sechsmal das Naturkundemuseum, obgleich es dort kaum etwas zu sehen gab. Ich machte ausgedehnte Wanderungen in und um Inverness, ich ging sogar zu Fuß zu den immerhin 12 Kilometer entfernten Schlachtfeldern von Culloden, auf denen 1746 die Schotten eine vernichtende Niederlage gegen die Engländer erlitten hatten. Doch wie erwähnt, bei minus 2 Grad ist Inverness frustrierend. Als ich am Sonntagmorgen zähneklappernd am Hafen stand und aufs Meer schaute, wurde ich von einer Schottin mit der Bemerkung, ihr Bett zu Hause wäre sicherlich noch warm, zum Mitgehen eingeladen. Ich gestehe, die Versuchung war groß, obgleich die Schottinnen nicht gerade wegen ihrer Schönheit bekannt sind. Doch ich widerstand der Versuchung und wärmte mich stattdessen in einer Kirche auf. Dort konnte ich auch meinen verwerflichen Gedanken Abbitte leisten. Und siehe da, ich wurde erhört, denn nach dem Gottesdienst wurde ich mit den übrigen Besuchern zum Tee eingeladen. Danach war ich wieder einigermaßen aufgewärmt.

 

Nach fünf Tagen ging es endlich heim, zum Glück hatte ich die Fähre von Hull nach Rotterdam umbuchen können. Doch der Traum von Schottland war vorerst ausgeträumt.

 

 

Vier Jahre später: Anläßlich einer Geburtstagsfeier lud mich Gilles Nortier ein, im Herbst mit ihm nach Schottland zu gehen. Er bot mir an, dort einen seiner Falken zu fliegen, da ich meinen Terzel an Christian Saar für die Zucht gegeben hatte. Der Besatz an Rebhühnern und Fasanen war auch bei uns so drastisch zurückgegangen, dass an ein Bejagen nicht mehr zu denken war.

 

 

 

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Von einem, der auszog, ein Karnickel zu beizen

von Kuno Seitz [Tinnunculus 17/2003]

 

1994 durfte ich unseren Landesverband zum ersten Mal auf einer Ordenstagung vertreten. Das wollte gut vorbereitet sein und so zog es mich in diesem Jahr besonders häufig in den Berliner Tiergarten.

 

Vor allem an schönen Herbsttagen, wenn die Sonne noch einmal ihr Letztes gab, herrschte dort nachmittags ein munteres und buntes Treiben von Radfahrern, Joggern, Touristen, Kindern, Müttern und Vätern mit und ohne Kinderwagen und Hunden aller Größen und Rassen, die sich ungeniert ohne Leine tummelten. Es wurde gegrillt, gefeiert und gespielt. Die Kaninchen zogen es vor, unter Tage zu bleiben, sodass ich mich mehr der Beobachtung der menschlichen Gesellschaft zuwandte. Eine nicht mehr ganz junge Frau fiel mir besonders auf, in der ich eine Opernsängerin vermutete, der die Nachbarschaft zu Hause per einstweiliger Verfügung das Üben verboten hatte. Regelmäßig durchstreifte sie den Park, machte unvermutet schrille Stimmübungen oder trällerte Arien. Eine Hand war immer in der Manteltasche vergraben, wo sie vermutlich ein Tränengasspray umklammerte. Den höflichen Gruß, den ich ihr entbot, nachdem ich sie das dritte Mal getroffen hatte, ignorierte sie – ganz Diva - hochmütig.

Wahrscheinlich hielt sie ihn für plumpe Anmache. Trotzdem wäre ich ihr ritterlich beigesprungen, als ein feister, etwas schmuddelig aussehender Mann in einem grauen Jogginganzug vor ihr herumsprang. „Pfui, Sie Ferkel“, hörte ich sie empört schimpfen, aber ehe ich die Sachlage durchschaut hatte, war der Exhibitionist flink wie ein vom Habicht angejagtes Karnickel in den Rhododendren verschwunden.

 

 

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Anlegen der Rucksackmontage beim Falken

von Daniel Ottmann [Tinnunculus 25/2007 - aktualisiert im März 2016 für falknerei.net]

 

Mit dem Ziel die Fänge des Beizvogels möglichst frei von allem Störenden zu bekommen, suchte ich nach Möglichkeiten den ganzen „Ballast“ auf andere Orte zu verlagern.
Das so genannte „TrackPack Mounting System“ der Firma Marshall Radio Telemetry, sollte dies ermöglichen.

Nachfolgend möchte ich meine Erfahrungen schildern, die ich beim Anbringen der Rucksackmontage gemacht habe.


Das Rucksackgeschirr


Im Prinzip ist die Idee simpel. Das Ganze besteht aus einer ca. 4 cm großen schwarzen Plastikplatte, die am oberen Ende über die gleiche Ausbuchtung wie eine Stoßöse zur Senderbefestigung verfügt. An der Platte sind zwei ca. 40cm lange Teflonriemen befestigt. Mit dabei ist noch ein kleiner ca. 0,5 cm breiter Ring, der innendrin ein Profil, ähnlich einem Gewinde, hat und später zur Befestigung dient.
Weiterhin sollte man sich vor der Installation eine gut schneidende Schere, eine Pinzette und eine Flachzange bereitlegen.

 

Das Backpack vor der Montage

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Das gemeine Rothuhn

von Manfred Heidenreich [Jahrbuch 2014]

 

 

 

Klasse:      Vögel (Aves)
Ordnung:   Hühnervögel (Galliformes)
Familie:      Fasanenartige (Phasianidae)
Gattung:     Steinhühner (Alectoris)
Art:             Rothuhn Alectoris rufa (LINNAEUS, 1758)

Vorwort
Das gemeine Rothuhn (gemein hier im Wortsinn von gewöhnlich, häufig vorkommend) ist (laut Wikipedia-Zitat)
„heute auf der Iberischen Halbinsel, im südlichen Frankreich und im nordwestlichen Italien zu finden. In Frankreich ist die Verbreitung nach Norden durch die 8°C-März-Isotherme und in östlicher Verbreitungsrichtung durch die 2°C-Januar-Isotherme begrenzt. Eingebürgert wurde es außerdem auf den Azoren, Gran Canaria, Madeira, den Balearen und Korsika. In Großbritannien wurde das Rothuhn um 1770 ausgewildert und ist seither in Süd- und Mittelengland ein geschätztes Jagdwild.

 

Nachdem auch Chukarhühner dort ausgesetzt wurden, kam es jedoch zu einer Hybridisierung mit den dort lebenden Rothuhnbeständen. In Großbritannien ist seit September 1992 daher die Aussetzung von Chukarhühnern und Mischlingen zwischen Rot- und Chukarhühnern verboten. Bis ins 16. Jahrhundert war das Rothuhn auch im Rhein-, Aar- und Neckartal zu finden. Es verschwand um 1560, als eine Klimaverschlechterung einsetzte. In Bayern hielten sich letzte Vorkommen bis ins 18. Jahrhundert, in der Schweiz im Kanton Jura bis ins 19. Jahrhundert. Die letzten mitteleuropäischen Brutvorkommen gab es im Süden der Schweiz, die jedoch bis 1920 erloschen. Es hat in Mitteleuropa eine Reihe von Ansiedlungsversuchen gegeben, die zum größten Teil jedoch scheiterten. So sind neu etablierte Brutbestände in den Niederlanden, die in den 1980er Jahren 25 bis 30 Brutpaare umfassten, wieder erloschen. Zwischen 1998 und 2000 sind jedoch erneut im Süden der Niederlande drei bis zehn Brutpaare etabliert worden, ferner gab es einzelne Bruten in den 1990er Jahren in Nordrhein-Westfalen sowie eine Brut in Bayern im Jahr 2000. Innerhalb seines Verbreitungsgebietes werden drei Unterarten unterschieden. Das Rothuhn kommt in seinem südlichen Verbreitungsgebiet bis in Höhenlagen von 2000 Metern vor, bevorzugt jedoch als Lebensraum ebenes bis welliges Gelände auf leichten Böden.“

 

Weitere Exkurse über das gemeine Rothuhn speziell hinsichtlich seiner Gefährdung durch Hybridisierung, über nomenklatorische Konsequenzen der molekularen Neuordnung der Systematik der Hühnervögel und der sequenzanalytischen Reform der Genuszugehörigkeit der Alectoriden, möchte der Verfasser dem gemeinen Leser (gemein: hier im Wortsinn von gewöhnlich, normal) ersparen. Die letzten Jahrbücher waren voll von hochwissenschaftlichen Publikationen schwer verdaulichen Inhaltes. Nein, nicht dieses gemeine Rothuhn soll Thema der folgenden Schilderungen sein, sondern das gemeine Rothuhn im Wortsinn von charakterlos, selbstsüchtig, heimtückisch und verschlagen, insbesondere weil sich seine ehrlosen Handlungen und üble Gesinnung dem arglosen Falkner gegenüber äußern.

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Jahrbuch "Greifvögel und Falknerei 2015"

Auch in diesem Jahr behandelt unser Jahrbuch "Greifvögel und Falknerei 2015" alle Themen um die Falknerei, den Greifvogelschutz, Geschichte, Beizjagdberichte etc.

 

Hinter den Links im Inhaltsverzeichnis verstecken sich kleine Leseproben.

 

 

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Die Volkskiste

von Kuno Seitz und Johann Klöpper [Tinnunculus 41/2015]

 

Präludium: Die Geburt der Habichtskiste aus dem Geist der Musik

 

Im Russischen gibt es die Menschen mit „goldenen Händen“ (zolotye ruki), das sind solche, denen handwerklich alles gelingt und flott von der Hand geht. Ich gehöre nicht dazu. Trotzdem oder gerade deswegen reizt mich immer wieder die Herausforderung, mit meiner Hände Arbeit etwas Konkretes zu erschaffen. Ich weiß nicht warum, aber die Habichtskiste ist für mich zu einer Obsession geworden. Sitze ich im Konzert oder in der Oper schweifen meine Gedanken unwillkürlich zum Bau der Kiste. Während z. B. bei Wagners Tannhäuser sich die Gedanken der Frauen und Männer um mich herum zum Erhabenen emporschwingen oder gar im Nirwana auflösen, treiben mich unwillkürlich Baupläne für eine ultimative Transportkiste um. Man mag das als trivial abtun, ich sehe mich aber hier in der Nachfolge des großen deutschen Romantikers Novalis: „Indem ich dem Gemeinen einen hohen Sinn, dem Gewöhnlichen ein geheimnisvolles Ansehen, dem Bekannten die Würde des Unbekannten, dem Endlichen einen unendlichen Schein gebe, romantisiere ich es." Dieses Zitat ist in Bezug auf die Transportkiste selbsterklärend, daher verzichte ich auf eine Erläuterung.

 

Während die Geigen schluchzen und korpulente Sopranistinnen ihr Bestes geben, dreht sich in meinem Kopf alles um Winkel, Schrauben, Stifte, Stichsägen und Akkuschrauber. Vor meinem geistigen Auge entsteht das Ideal der leicht zu reinigenden, platzsparend zusammenklappbaren Ziehharmonika-Kiste. Obwohl ein großartiger, um nicht zu sagen genialer Einfall den anderen jagt, ist mir dieser große Wurf allerdings noch nicht gelungen, da mir zum Ende der Veranstaltung die Erinnerung geschwunden ist oder sich bei der Ausführung praktische Hemmnisse entgegenstellen. Immerhin habe ich nach dem Besuch von „Hoffmanns Erzählungen“ die Duett-Kiste geschaffen, bei der die Bodenplatte mitsamt der Sitzgelegenheit in eine Holzschiene eingeschoben war und sich zur Reinigung herausnehmen ließ. Leider aber quollen und platzten die beschichteten Spanplatten beim Reinigen mit Wasser auf, sodass das Ganze in recht kurzer Zeit unansehnlich war und auch nicht mehr richtig funktionierte.

Dieser Misserfolg brachte mich dazu, mich mit kleineren Brötchen zufriedenzugeben. Bei meinem Falknerfreund Lothar Wenzel sah ich eine Kiste aus Kunststoff, die mich sofort begeisterte. „Lebensmittelecht und mit dem Kärcher zu reinigen,“ versicherte mir Lothar stolz. Ich ließ mir den Bau erklären.

 

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The flight on woodcock - Schnepfenbeize

von Patrick Morel [Jahrbuch 2013]


The woodcock (Scolopax rusticola) is a mythical game for falconers who practice the waiting-on or the ‘haut-vol’, mainly because it is a very nimble bird known for its hooks that quickly discourage hawks. The flight on woodcock gives incom-parable emotions because the woodcock adopts different defense strategies in the same flight which the least is not the ringing flight. Rather active at dusk, it is difficult to find woodcock in enough open biotopes for the waiting-on flight. In Scotland, woodcock sometimes attend the moor at dusk from September but they are rarely found in the moor during the day even though we sometimes track them on the edge of forest.

Die Schnepfe (Scolopax rusticola) ist ein mythisches Beizwild für Anwartefalkner. Sie ist ein flinker Vogel, der durch seine Wendigkeit den Beizvogel schnell entmutigen kann. Der Jagdflug auf Schnepfen sorgt für unvergleichliche Emotionen, da dieses Beizwild unterschiedliche Schutzstrategien innerhalb eines Fluges anwendet, nicht zuletzt den spiralförmigen Steigflug. Schnepfen sind in der Dämmerung sehr aktiv und es ist schwierig, sie in einem Gelände anzutreffen, das offen genug für einen Anwarteflug ist. In Schottland sind Schnepfen manchmal bei Dämmerung auf den Mooren zu finden, wobei sie sich dort aber selten während des Tages aufhalten, obwohl wir sie hin und wieder an Waldrändern finden.

I am lucky, sometimes on a yearly basis, to find and fly once or twice at woodcocks in our Great Plains of Brabant, at the migrations to fall. Migrating woodcocks are mostly found in October or early November in green manure crops. Each year, I have the chance to flush one or two under a waiting-on falcon, often on a 'surprise' point of the dog (supposed to be on partridges), I was lucky to kill a few dozens of woodcocks with my falcons in my life. Most of the kills were at the end of a stoop, short after the take-off of the woodcock but if the woodcock has time to fly, it mostly ends in dodging pursuits or ringing flights. One ‘vintage’ year, in 1999, I was lucky enough to get two in the same season, one being the first kill of a gyrkin!

Wenn ich Glück habe, gelingen mir pro Jahr ein bis zwei Flüge auf Schnepfen zu deren Zugzeit im Herbst auf den großen Ebenen von Brabant. Ziehende Schnepfen finden sich meist im Oktober oder im frühen November auf gedüngten Grünflächen. Jedes Jahr gelingt es mir, im Schnitt ein bis zwei Schnepfen unter dem anwartenden Falken zu heben, oft als Überraschung vor dem vorstehenden Hund (anstelle von Rebhühnern). Ich hatte in meinem Leben das Glück, einige Dutzend Schnepfen beizen zu können. Die meisten Erfolge hatte ich nach einem Stoß des Falken, wenn die Schnepfe gerade aufgestanden war. Wenn die Schnepfe aber Zeit hatte zu fliegen, endete der Flug meist in Verfolgungsflügen oder in spiralförmigen Steigflügen. Im „Erntejahr“ 1999 gelang es mir, zwei Schnepfen zu beizen, wobei eine davon der erste Beizerfolg eines Jerkins war!

 

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Ein arabischer Nachmittag in Westfalen

von Wolfgang Reuter [Tinnunculus 1/2011]

 

Durch einen Zufall lernte ich Hussein aus Dubai in Aachen bei einem LKW-Händler kennen.

Wir, mein Jagdfreund Thomas und ich, suchten für Thomas einen neuen LKW, da wir vor unserem Termin im Autohaus noch mal eben eine Krähe gebeizt hatten, stand Else, mein Wanderfalke im 8 Flug, verhaubt und mit gespannten Kropf in meinem Auto.

Während wir noch die angebotenen Fahrzeuge verglichen sprach mich der Partner des Händlers, ein Syrer, an und fragte mich geradewegs, was der Falke denn kosten solle, den er gerade in meinem Auto entdeckt hatte. Meine Antwort auf diese Kaufanfrage, dass wohl der gesamte LKW-Bestand nicht ausreiche, um diesen Falken zu bezahlen, sorgte für allgemeine Erheiterung.

Der Händler stellte mir dann aber seinen Kunden, einen jungen Mann vor, der sich als Hussein aus Dubai vorstellte und mir sogleich  Bilder seiner Falken auf seinem Handydisplay zeigte.

Wie sich herausstellte, weilte Hussein mit einer größeren Gruppe in Aachen, deren einzelne Mitglieder im Klinikum Aachen medizinisch behandelt wurden. Da mir der junge Mann auf Anhieb sympathisch war, lud ich Ihn für den folgenden Samstag zur Krähenbeize in einige Reviere ein, die wir auch bei unserer  Krähentagung in Hambach nutzen.

 

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Glückliches Ende einer Odyssee

von Irina Maier [Jahrbuch 2014]

Ich stamme aus Rußland und betreibe seit fast 20 Jahren ein Im- und Exportgeschäft in Hamburg, das sich überwiegend dem Handel mit Rußland widmet. Mein Freund betreibt am Ural eine Greifvogelzuchtstation, in der er unter anderem auch die dort heimischen Albidus-Habichte züchtet. Mein Sohn, der seit fünf Jahren in Schottland und England studiert, hat dort einen guten Freund, Thomas Havemann-Mart, kennengelernt, dessen Vater, Nicholas Havemann-Mart, seit langem Falkner in Großbritannien ist. Durch diese Freundschaft ist mein Sohn zur Falknerei gekommen. Nach einer Jagdreise in Rußland hat mein Sohn Thomas die Zuchtstation meines Freundes gezeigt. Daraufhin wollten Thomas und mein Sohn zwei weiße Habichte aus dieser Zucht für Vater Nick erwerben. Ich habe mich bereit erklärt, die Einfuhr abzuwickeln. Aufgrund meiner russischen und deutschen Sprachkenntnisse und meiner umfangreichen Erfahrungen mit den gesetzlichen Grundlagen und Behörden in Deutschland habe ich es für richtig gehalten, den Import von Rußland nach Großbritannien über Deutschland durchzuführen.

 

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